Hier geht es um sprachliche Gefahrenstellen, die auch viele "Deutsch-Expert/inn/en" nicht kennen bzw. die sie für weniger "gefährlich" halten, als sie es sind. Es geht um sprachliche Stolpersteine, die häufig zu gravierenden Kommunikationsstörungen führen, und um Ausdrücke, die so peinlich, verletzend, kindlich, merkwürdig oder lustig klingen, dass man "face-to-face" in aller Regel nicht korrigiert wird. Um weithin bekannte typische Fehler geht es an dieser Stelle eher nicht.
Welche Beispiele gibt es noch? martin.herold(at)deutausges.de
Auch viele der Stolpersteine "mit Muttersprache Estnisch" könnten interessant sein!
im Smalltalk-Gespräch, z. B. in einer Kneipe:
Als ich das erste Mal in Deutschland gekommen bin, konnte ich noch kaum Deutsch.
Richtig könnte es heißen: "Als ich zum ersten Mal in Deutschland war, konnte ich noch kaum Deutsch." Man versteht bei dem Beispielsatz, was gemeint ist, aber es klingt nach dem ersten Orgasmus, den man in Deutschland hatte. Viele Muttersprachler/innen müssen sich hier ein Schmunzeln verkneifen.
im Gespräch unter Freunden, z. B. in einer Pause während des Studiums:
Gestern waren wir mit Alexandra im Kino.
Richtig könnte es heißen: "Gestern waren Alexandra und ich im Kino." So wie der Beispielsatz formuliert ist, versteht man, dass mindestens drei Personen im Kino waren, nämlich "wir" (= mindestens zwei) plus Alexandra. Gemeint ist hier aber fast immer, dass der/die Sprecher/in (alleine) mit Alexandra im Kino war. Oft klingen solche Aussagen einfach nur (sehr!) komisch, manchmal kann es aber auch zu Verständnisproblemen kommen.
in irgendeinem Gespräch:
Frau Meier kam gestern Abend sehr spät nach Hause. Er sagte zu seiner Tochter, die noch wach war: (...)
Ein richtiger Satz würde lauten: "Frau Meier ist gestern Abend sehr spät nach Hause gekommen. Sie sagte zu ihrer Tochter, die noch wach war: ..." Im Finnischen gibt es keinen Unterschied zwischen er (hän) und sie (hän), was immer wieder zu Fehlern bei schnellem Sprechen führt. Auch sehr geübte Finn/inn/en machen diesen Fehler, wenn es hektisch wird, immer wieder. Wenn man das Phänomen nicht kennt, ist man als deutsche/r Muttersprachler/in mitunter ziemlich irritiert, denn die Sätze haben dann oft keinen Sinn, aber man kommt nicht auf die Idee, dass es überhaupt eine Sprache geben kann, die zwischen er und sie nicht unterscheidet.
im Gespräch:
Ich habe seit zwei Jahren in Tampere gewohnt.
Richtig müsste es heißen: "Ich wohne seit zwei Jahren in Tampere." Es kann zwar sein, dass hier kein Verständigungsproblem auftritt, aber in vielen Kontexten könnte man hier verstehen, dass der/die Sprecher/in irgendwann früher einmal in Tampere gewohnt hat.
in der geschriebenen Sprache:
Ich habe dieses interessante Buch aus dem Antiquariat gekauft. / Diese Information hatte ich aus der Zeitung gelesen.
Richtig ist hier "im Antiquariat" sowie "in der Zeitung". Wer Finnisch als Muttersprache hat oder versteht, versteht auch das Problem. Die Sätze klingen im Deutschen entweder sehr lustig oder sehr unbeholfen. In gar nicht so wenigen Fällen kommt es vor, dass der deutschsprachige Gesprächspartner überhaupt nicht versteht, was gemeint sein soll.
z. B. nach einem offiziellen Gespräch im Sitzungsraum:
Darf ich ein paar Fotos nehmen?
Gemeint ist: "Darf ich einige Fotos machen?" Wenn man als Deutschsprachige/r nicht schaltet, dass es auf Englisch (wie im Finnischen) "to take photos" heißt, denkt man hier, dass der/die Sprecher/in konkrete Fotos (Bilder auf Fotopapier) nach Hause mitnehmen möchte und darum bittet, Fotos zu bekommen. Man versteht "nehmen" im Sinne von mitnehmen.
Jugendliche untereinander:
Das ist übergut!
Gemeint ist: "Das ist supergut." bzw. jugendsprachlicher "Das ist supergeil." oder noch jugendsprachlicher "Das ist voll porno." Im Finnischen sagt man seit einiger Zeit "überhyvä" (vgl. "the über-rich" im Englischen), wobei das Präfix aus dem Deutschen kommt. Die Funktion des Präfixes ist aber nicht gleich und passt hier in der direkten Übertragung gar nicht.
im Gespräch:
Das haben wir gestern im Telefon besprochen.
Richtig muss es heißen: "Das haben wir gestern am Telefon (oder: telefonisch) besprochen." "Im Telefon" klingt so, als ob man irgendwie in den Telefonapparat gekrochen wäre.